Das BfN dreht frei!
Es fing ja ganz harmlos an: Die taz führte ein umfassendes Interview mit der Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, Frau Prof. Beate Jessel, zum Thema:
Ein Thema, bei dem Medium und Interviewpartner bestens hätten zusammenpassen können, bis zur letzten Frage, als es denn um die großen Raubtiere und gar den Bären in Deutschland ging. Da gingen der Frau Professor die Gäule durch und ja, sie hält es für sehr wahrscheinlich, dass es angesichts der Bärenpopulationen in Slowenien und Italien irgendwann auch wieder Braunbären nach Deutschland kommen werden. Auch der Hinweis auf schwere Übergriffe von Bären in Italien und entsprechende Risiken konnte sie nicht von der Perspektive abbringen: Schließlich würden in Deutschland ja auch sehr viele Menschen durch Wildschweine oder Haushunde verletzt. Wenn Schäfer und Bauern vom Staat genug Geld bekämen, sei das alles kein Problem. Einfach mal in die bekannte Mottenkiste der Wolfspropaganda gegriffen.
Dieser Köder, ausgelegt in einem Qualitätsblatt mit recht deutlich umgrenzter, meist stadtgrüner Klientel, wurde von einer Anzahl Printmedien quer durch die Republik begeistert geschluckt und teilweise dort noch etwas aufgehübscht, wo Quellentreue nicht zum Tagesgeschäft gehört.
Doch was bitte veranlasst die Frau Präsidentin in einem Interview, in welchem es um ein Thema geht, welches nicht zwingend den Aufgabenbereich ihres Hauses betrifft, zu einem derart inkompetenten Ausfall?
Wir haben in Deutschland bereits zwei Großprädatoren, mit denen wir objektiv nicht klarkommen.
Sei es der Luchs, dessen zweifelsfrei geringe im Land vorhandene Wildvorkommen in der jüngeren Vergangenheit durch planmäßige Auswilderungvon menschlichen Aufzuchten und illegale Entsorgung überzähliger Gehegetiere schlicht versaut wurden. Echte Wildluchse wären auch in unserer Kulturlandschaft dort kein Problem, wo der Lebensraum passt. Ihr Lebensraumanspruch sorgt dort, wo sie natürlich vorkommen, für angemessen geringe Bestandsdichten, die jederzeit für hiesige Wildbestände verträglich wären. Doch was erleben wir dort, wo man meinte, Natur und Artenvielfalt mit der Aussetzung von Luchsen menschlicher Herkunft Gutes zu tun? Sie kennen und akzeptieren die Nachbarschaft von Artgenossen. Das Ergebnis sind Bestandsdichten, die sich fatal auf lokale Schalenwildbestände auswirken, Tiere, die sich ohne Scheu an Wildgehegen als gewohnter Umgebung zeigen. Auch die Räude, eine in wildlebenden Luchsbeständen absolut seltene, zumeist auf Stress und überhöhte Dichten zurückzuführende Krankheit, wird rund um die bekannten Aussetzungsgebiete zunehmend festgestellt.
Wir lernen: Luchs können wir nicht in Deutschland!
Sei es der Wolf, der sich aufgrund politischer Umbrüche seit der Jahrtausendwende vom Nordosten Polens inzwischen bis an Ems und Rhein ausgebreitet hat. Bereits frühzeitig hat man Rahmen- und Managementpläne gefertigt, um die betroffene Bevölkerung von der Harmlosigkeit des wildlebenden Caniden zu überzeugen. Dort wo er vorkommt gelingt es nicht. Auch Heerscharen von „Wolfsberatern“ und „Wolfsbotschaftern“ vermögen nur dort die gute Nachricht vom Wolf verbreiten, wo er (noch) nicht vorkommt. Das vermeintliche Wolfsmanagement wurstelt föderal und provinziell in den Ländern vor sich hin, ohne auch nur in einem Bundesland wenigstens eines der anstehenden Probleme in den Griff zu bekommen. Die zuständige Bundesbehörde und ihre Präsidentin sind aber weiterhin festen Glaubens und verkünden auch im Frühsommer 2018 niedrig angesetzte Bestandszahlen reproduzierender Wölfe in DE, die bestenfalls deren Sommerbestand von 2016 wiedergeben können. Der Wolf schafft weiter Fakten.
Nein Frau Professor Jessel: WOLF können Sie auch nicht!
Derzeit erleben wir die Rückkehr von Wolfswelpen aus Dänemark nach Norddeutschland, die dort offenbar keine geeigneten Lebensräume mehr finden. Jungwölfe aus der Lüneburger Heide reißen Schafe im Schwarzwald, unterwegs haben sie kein Revier gefunden.
Mitteleuropa, und nicht nur Deutschland alleine, ist mit seiner über Generationen entstandenen kleinräumigen Kulturlandschaft einfach zu dicht besiedelt, um mit Großprädatoren wie Bär, Wolf oder Luchs konfliktfrei umgehen zu können. Bären zweifelhafter Herkunft, siehe Bruno, werden hier keine Bereicherung sein. Mit dem Märchen von der friedlichen Koexistenz zwischen den Großräubern und ihren Beutetieren versucht man verzweifelt Rotkäppchen in Vergessenheit zu bringen - vergeblich!
Es gibt sehr viele erhaltenswerte Arten in diesem Land, wie z.B. die geplagten Insekten in unserer Agrarlandschaft, von denen eingangs des Interviews der taz die Rede war. Deren Erhalt liebe Frau Professor sollten Sie sich widmen, aber bitte nicht den 2 + 1 Großprädatoren, von denen offenkundig weder Sie noch Ihre Behörde etwas verstehen.
Aber bitte, sollten Sie dem einmal gewählten (Irr)weg folgen wollen, die Berner Konvention bietet da noch ungeahnte Möglichkeiten:
Der tiefe Blick in die Liste der doch so gefährdeten Arten, für deren Schutz auch unser Land mit unterschrieben hat, bietet da z.B. noch panthera pardus und panthera tigris (Leopard und Tiger) als erstklassige Angebote für weitere Fehltritte an.
Wann werden Sie diese Spezies der Ihnen geneigten Öffentlichkeit als neue Partner im Lebensraum Deutschland schmackhaft machen wollen?
Die Frage ist ganz einfach, wie lange Sie unter den deutlich schneller wechselnden Ressortchef(innen) noch die derzeitige Narrenfreiheit genießen.